Ende Juni/Anfang Juli geht’s nach ein paar Verschiebungen endlich los Richtung Istanbul, ich kann’s kaum glauben. Nachdem es mit Anfang Juni nicht geklappt hat wird’s halt jetzt Anfang Juli, sei’s drum.
Das Rad steht parat, ich bin so einigermaßen fit, und die Ausrüstung wurde von mir bereits zigmal sortiert und optimiert. Wir werden noch sehen wie weit die Theorie hier mit der Wirklichkeit schritt halten kann…
Also Daumen drücken, dass nicht gerade am Starttag eine Schlechtwetterfront über die Alpen zieht und mich zwingt den Aufbruch noch mal zu verschieben.
Fitnesstest (oder wie man in meiner Branche sagt „Smoke Test“) hab ich gestern noch absolviert. Also einfach so lange Belastung auf’s System geben bis es zu rauchen anfängt. Bin also mit dem Mountainbike rund um die Nagelfluhkette im Allgäu, 1500hm und 75km – mir hat’s gereicht, aber einen Tag später fühl‘ ich mich schon wieder fit. Bin also gut gewappnet für alles was unterwegs so an Bergen kommt.
Die ursprünglich geplanten 4 Wochen hab ich jetzt eh schon mal auf 6 Wochen erweitert, gibt einfach zu viele schöne Flecken unterwegs, an denen ich nicht einfach vorbei radeln will, auch über die Route bin ich noch gar nicht sicher, so viele Möglichkeiten, der Plan ist jetzt unterwegs nach Lust und Laune zu entscheiden.
von Außen keine Augenweide, aber was zählt ist, dass der Mechanismus geht und die Kaugummi frisch und lecker sind
Ich werde euch auf jeden Fall auf dem laufenden halten und hier und auf Insta alle paar Tage ein Update senden.
Ein erster (real world) Fitnesstest zu Ostern – da bietet sich das Allgäu an. Lange, steile Anstiege, die sich abwechseln mit hügeligem Auf und Ab – wer hier gut drüber kommt, kommt auch sonst überall durch, soweit meine Theorie (Schlammpisten mal ausgenommen).
Also bei schönstem Wetter das Auto bei Immenstadt abgestellt. Nicht so einfach, einen guten Parkplatz zu finden, der kostenlos ist (wichtig weil Schwabe) – also hier der Tip: Immenstadt Süd raus und dann gleich am ersten Kreisverkehr im Gewerbegebiet an der Iller entlang bis zur Wasserskianlage, da kann man in Ruhe den ganzen Tag sein Auto parkieren und am Abend nach der Tour noch gleich in Wasser springen.
Dann mit dem Bike weiter nach Blaichach und über Ettensberg die Nebenstraße nach Gunzesried hoch. Leider gleich mal15% Steigung aber landschaftlich schöner als die Hauptstraße, dazu noch praktisch verkehrsfrei. In Gunzesried im Dorfladen hab ich mich erst mal Allgäu-typisch versorgt mit einem Paar Kaminwurzen und zwei Semmeln („Brötchen“ für die norddeutschen Leser). Von da geht’s erst mal ganz angenehm weiter bis Gunzesried Säge. Ab hier ist erst mal Schluss mit Autos. Herrlich – weniger herrlich leider, dass die Straße zur Alpe Scheidwang immer steiler wird, mein Tacho friert die Anzeige irgendwann konstant bei 15% ein, und wenn ich nicht so schnaufen müsste, würde ich mir sicher Sorgen um meinen rasenden Puls machen. Auf den letzten 100 Höhenmetern hab ich immerhin ein paar mal eine gute Ausrede zum Absteigen, weil im Schatten noch Schnee auf der Straße liegt…
Dann endlich die Alpe auf 1300m, der höchste Punkt für heute. Pause auf der Almwiese, Bewirtung gibt’s so früh im Jahr noch keine, dann eine erste kurze Abfahrt Richtung Hitisau im Bregenzerwald, und ich war schon geneigt zu glauben, dass ich die nächsten Kilometer nur Kraft zum Bremsen brauche. Leider folgt dann auf den nächsten Kilometern ein Rauf und Runter auf einem schlammigen Trail mit einzelnen Schneefeldern.
Doch irgendwann wird aus dem Trail eine schmale Teerstraße, auf der ich ziemlich angesaftet nach Hitisau hinunter rolle. Von hier nach Oberstaufen und am Alpsee entlang zurück nach Immenstadt, was soll da schon noch groß kommen? Hätte ich mir die Tourenplanung genauer angesehen, dann hätte ich bemerkt, dass die Runde 1200hm hat und mein Tacho erst gute 800 anzeigt – also noch 400hm und etliche Kilometer to go. Von da war’s dann das üblich Allgäu-Auf und -Ab, das einen langsam zermürbt wenn die nötigen Körner fehlen. Die letzte Prüfung war dann bei Oberstaufen hoch zur Wasserscheide Rhein-Donau, ab da waren die Muskeln endgültig leer.
Also mit den letzten Reserven am Alpsee entlang, links und rechts überholen mich die eBiker mit entspannter Sitzhaltung. Am Strandbad dann erst mal ein Spezi im Liegestuhl, danach laufen die letzten 2 Kilometer zurück bis zum Parkplatz wieder recht flüssig!
Noch ein paar Fakten für alle die vorhaben die Runde selbst zu fahren:
Länge ca. 70 km, 1200 hm, maximale Steigung um die 15% (geteert). Wegen des Trails Richtung Hitisau für Rennrad ungeeignet, aber mit dem Gravelbike gut machbar.
Wer sich so wie ich eine Weile auf Instagram rumtreibt, der stellt über kurz oder lang fest, dass keine Bergbesteigung, Radreise oder andere egozentrische Unternehmung mehr ohne tieferen Sinn oder Widmung auskommt – sei es der Kampf für die Rechte alternder Männer oder eine Initiative gegen das Aussterben des Seitenscheitels. Also ist klar, auch für das Radeln nach Istanbul muss eine Mission her.
Um also Instagram-tauglich zu werden, werde ich meine Reise dem langsamen Verschwinden der Kaugummiautomaten aus unseren Städten und Dörfern widmen.
Denn der Kaugummiautomat ist ein häufig unterschätztes Kulturgut, an dem wir Halbwüchsigen früher für kleines Geld erste Erfahrungen in Gastfreundschaft sammeln konnten. Und nicht zu vergessen die angehenden Automatensprenger, die hier für ihre von Silvester abgezwackten Böller ein einfaches Übungsobjekt vorfanden.
Ich werde also auf meiner Reise versuchen, so viele wie möglich von diesen Kultobjekten zu dokumentieren und so wenigstens in fotografischer Form für die Nachwelt zu erhalten.
Geld- und Sachspenden zur Unterstützung meiner Mission sind jederzeit willkommen!
Der Kaugummiautomat oben im Bild findet sich in Bobingen/Straßberg an der Hauptstraße, einer der letzten seiner Art hier in der Gegend – und leider bereits in bedauernswertem Zustand.
Spoiler: heut‘ wird’s dreckig, schmutzige Wäsche mit alles…
Die Schneeglöckchen sprießen, die Vögel zwitschern und die Wahl1 in unserem schönen Land ist gegessen. Zeit also das warme Frühlingswetter zu Nutzen und das Rad runter von der Rolle und nach draußen auf die Straße zu bringen.
Leider sind die Umbauten um mein Monster Gravel leichter und schneller zu machen noch in vollem Gange also pflüge ich notgedrungen auf meinem Fully über die matschigen Waldwege – ein gutes Training ist das allemal wenn die Reifen im Schlick kleben wie Kaugummi unter dem Besprechungstisch und einem dabei der Dreck um die Ohren fliegt.
Kein schöner Anblick für Bike Enthusiasten! Jedoch der wahre Mountainbiker dampfstrahlt und schweigt.
See you on the road!
Hinweis an alle Literaturwissenschaftler die sich mit diesem blog in 100+ Jahren beschäftigen. Gemeint ist hier die Bundestagswahl 2025 in der damaligen Bundesrepublik Deutschland. War eine schöne Zeit damals, so ruhig und beschaulich bevor die Künstliche Inkontinenz alles übernommen hat… ↩︎
Ich muss hier und heute mal eine Lanze für das deutsche Gesundheitssystem brechen. Entgegen dem aktuellen Mainstream fühle ich mich nämlich bestens versorgt.
Vor drei Wochen – zack rein ins Krankenhaus, am selben Tag noch ein Blutdoping erhalten (da haben einige bekannte deutsche Radler in der Vergangenheit eine Menge Geld bei Dr. Fuentes dafür bezahlt) – zack am nächsten Tag ein paar Untersuchungen und nach weiteren drei Tagen und ein paar weiteren Infusionen als neuer Mensch wieder raus aus dem Krankenhaus. Schnell, kompetent und effizient – was will man mehr (ok, das Essen war fragwürdig, aber irgendwas is‘ ja immer)?
Leider bin ich jetzt für das nächste halbe Jahr wegen Blutdopings von allen Wettkämpfen ausgeschlossen, das trifft mich natürlich hart 🙂
Bin auf jeden Fall froh wieder im Aufwind zu segeln und wieder im Training zu sein.